Aktuell haben wir uns mit unserer AG mit alten Fotos beschäftigt – die von der Familie eines Schülers gestellt wurden. Sie erzählen alle eine Geschichte, manche aus Zeiten des 1. Weltkrieges, manche aus den Zeiten des 2. Weltkrieges. Wir fokussieren uns in diesem Beitrag auf die Biografie eines Herren namens Oskar Jost. Er wurde im 2. Weltkrieg eingezogen und wir erzählen heute, mit der Hilfe seiner Tochter (geb. 1947), einen Teil seiner Geschichte.

Oskar Jost wurde am 31.10.1913 als drittältester von 13 Geschwistern in Piesbach geboren.

(Familienfoto; Oskar Jost ist der Dritte von links in der oberen Reihe)
Nach der Volksschule wurde er zum Bergmann ausgebildet und arbeitete auf der Velsen Grube im Saarland wie fast alle jungen Männer, entweder in der Grube oder in der Dillinger Hütte.
1939 heiratete er dann seine Frau, die 5 Jahre jünger war als er und ebenfalls aus Piesbach stammte. Danach wurde er bald zum Kriegsdienst eingezogen.

(Hier sieht man Oskar Jost mit einem guten Freund, kurz vor dem Einzug)
Über die einzelnen Orte, an denen er während dieser Zeit war, wurde in der Familie nie genau gesprochen. Das Einzige, das seine Tochter noch weiß, ist, dass er an der Front in Russland war.
Außerdem hatte er auch Fotos von zerstörten Gebäuden aus den Saar Alben mitgebracht, wie im Folgenden zu sehen.


Seine Division in der Armee war die Division 197. Von der Zeit in der Division ist, wie schon gesagt, wenig bekannt, jedoch haben wir ein paar Fotos zusammengetan, die hier im Folgenden zu sehen sind.






Oskar Jost wurde zu einem unbekannten Zeitpunkt im Krieg so stark verwundet, dass ihm der linke Arm bis zum Ellbogen amputiert werden musste. Seine Schulter war ganz zertrümmert von den vielen Granatensplittern.


(Hier das Lazareth zu sehen, in dem ihm der Arm amputiert wurde)
In diesem Lazareth wurde Oskar nach den damaligen Verhältnissen eher schlecht als recht medizinisch versorgt, weshalb er sein ganzes Leben mit vielen Schmerzen, auch, für ihn unerträgliche, Phantom-Schmerzen, leben musste. Er brauchte auch unzählige Nachamputationen.
Seine Tochter beschreibt weiterhin, dass diese Verletzung ihm vielleicht sogar das Leben gerettet hat, da er nach dieser nicht mehr an die Front musste und früher entlassen wurde.
Nach der Entlassung sah es zu Hause, wie in den folgenden Bildern zu sehen ist, sehr schlimm aus.


In seinem Beruf als Bergmann konnte er auch nicht mehr arbeiten. Um mit seiner Familie trotzdem irgendwie zu überleben, so erzählt es seine Tochter, bot er zuerst Transporte mit einem Traktor, später kam dort ein erstes Lastauto dazu, an. Zuletzt wurde ein neuer Lastwagen gekauft.

(Foto der Familie mit Transporter)
Viele Fahrten mit dem LKW wurden zur Grube Velsen unternommen, um den Bergleuten ihre Kohle, die sie durch ihre Arbeit dort als Bonus bekamen, nach Hause zu bringen. Wenn ein neuer LKW gekauft werden musste, war das für die Familie finanziell auch kaum machbar.
1955 konnte sich die Familie ihren ersten PKW kaufen. Die Tochter erinnert sich sehr positiv an dieses Ereignis, sie erzählt, dass sie schon in der ersten Nacht mit ihrem Vater die erste Fahrt gemacht hat.

(Foto der Familie mit PKW)
Die Tochter von Oskar erzählt weiterhin, dass sie ihren Vater immer anders als andere Väter wahrgenommen hatte, da ihm ein Arm fehlte, und sie immer dachte, der Rest würde auf dem Kleiderschrank im Schlafzimmer liegen, wo die Prothese aufbewahrt wurde. Diese wollte Oskar auch nie anziehen.
Außerdem, so erzählt es seine Tochter, hat er ihr immer seinen amputierten Arm gezeigt, welchen sie dann auch berühren durfte. Oskar Jost erzählte seiner Tochter dann, dass seine Finger immer noch in dem Arm seien, man könnte sie nur nicht mehr sehen, bewegen könnte er sie aber trotzdem noch. Diese Bewegungen waren dann auch an Oskars amputiertem Arm sichtbar, man hat also sich bestimmte Muskeln bewegen sehen.
Später legte sich Oskar einen weiteren LKW zu und baute eine Baustoffhandlung auf. Die Fahrten mit den schweren LKW’s setzten ihm körperlich immer sehr zu, so beschreibt es seine Tochter. Trotz der anhaltenden Schmerzen hat er sich selten über sie beschwert und war sehr ehrgeizig. Trotzdem war er froh, dass sein Sohn (geb. 1941) nach fast 30 Jahren seinen Betrieb übernommen hatte.
In den vielen besseren Jahren danach wurde er von immer schlimmer werdenden Schmerzen durch seine Kriegsverletzungen begleitet. Er ist dann im Alter von 85 Jahren verstorben.