“Niemand hat die Absicht eine Mauer zu errichten.” Diese Aussage, die der DDR-Parteichef Walter Ulbricht am 15. Juni 1961 im Zuge einer Pressekonferenz äußerte, stellte sich als einer der größten Lügen in der Geschichte dar. Nur knapp zwei Monate später, am 13. August, begann die DDR die Berliner Mauer zu errichten, welche die Bevölkerung der DDR und der BRD über jahrzehnte voneinander trennen sollte und das Schicksal vieler Familien besiegelte. Nun jährte sich der Tag des Mauerbaus bereits zum 60. Mal. Noch immer lassen sich in Berlin Spuren dieser Trennung finden, sowohl haptisch in Form von Resten der Berliner Mauer, als auch zuteilen in den Köpfen der Bürger*innen.
Die DDR-Führung musste erkennen, dass immer mehr Bürger*innen ihres Staates, vor allem Akademiker*innen und Fachkräfte, die DDR verließen und nach Westen flohen. Dort versprachen sie sich die Freiheiten, die sie in der DDR vermissten. Eine große Unzufriedenheit mit dem eigenen Staate machte sich in der DDR breit. Um diesem legitimen Ansinnen der Menschen entgegenzuwirken, errichtete das DDR-Regime eine Mauer und schirmte damit die DDR vom Westen ab.
Am frühen Morgen des 13. Augusts 1961 begannen bewaffnete Truppen die Grenze zwischen Ost-und West abzuriegeln. Diese Mauer sollte 28 Jahre Bestand haben und führte zu einer Spaltung zwischen Ost und West. Diese Trennung bestimmte fortan das Leben der Menschen. Eine Flucht in den Westen bezahlten viele Bürger*innen der DDR mit ihrem Leben. Alleine in Berlin selbst starben über 100 Menschen durch das DDR-Grenzregime. An der innerdeutschen Grenzen waren es mehr als 200.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat in seiner Rede anlässlich des 60. Jahrestages des Mauerbaus den Bau der Berliner Mauer als “Zeugnis eines hoffnungslosen Scheiterns” bezeichnet. Die Mauer stellte das Symbol eines Unrechtsstaates dar, der in den Augen seiner eigenen Bürger*innen nicht legitim und nicht gerecht war. Es war ein Staat, der seinen eigenen Bürger*innen die gewünschten Rechte nicht zugestand und ihnen Pflichten aufzwang, die sie nicht erfüllen wollten oder konnten.
Beim Erinnern an den Mauerbau sollte man es allerdings nicht belassen, man sollte sich nochmals bewusst machen, dass Freiheit und Demokratie zwei Güter sind, deren Verteidigung uns alle angeht. Es soll und muss unser aller Anliegen sein, dass wir uns diese Güter niemals und von niemanden nehmen lassen.
Anlässlich des 60. Jahrestages des Mauerbaus gab es im Ersten Deutschen Fernsehen einen Themenabend “Mauerbau”. In diesem Kontext wurden einige interessante Dokus und Filme gezeigt. Besonders beeindruckend fand ich die Doku “Wir Kinder der Mauer” (zu sehen in der ARD Mediathek). Hier wird der Blick darauf gelenkt, wie junge Menschen die Teilung in West und Ost erlebt haben.
Das DDR-Regime setzte alle seine Hoffnung auf die Jugend, um einen sozialistischen Staat aufzubauen. Viele haben als Kinder die Mauer und die Indokrination des SED-Regimes als gegeben hingenommen oder sogar begeistert gefeiert, erst als junge Erwachsene haben viele von ihnen diese Strukturen kritisch hinterfragt. Im Kindesalter waren viele begeisterte Jungpioniere und später begeisterte FDJ’ler. Die Jugendlichen im Osten mussten immer überlegen, wo sie was sagen. Viele Kinder haben gemeinsam mit ihren Eltern kurz vor dem Mauerbau den Osten – ihre Heimat – verlassen, was ihnen nicht leicht fiel und haben ein neues Leben im Westen begonnen. Dafür mussten sie Vertrautes zurücklassen und sich auf Neues einlassen.
Rudi Thurow berichtet von seiner Nachkriegs-Kindheit im Osten. Als Waisenkind wuchs er bei seinem Onkel auf, der ihn sehr schlecht behandelte, dem allerdings als Mitglied der Partei keine Strafen drohten, obwohl öfter das Jugendamt ins Haus kam. Noch heute leidet er massiv unter der physischen Gewalt, die er als Kind erlitten hat. Um sich eine Zukunft aufzubauen, beschließt er mit 18 Jahren Grenzsoldat zu werden, er sehnte sich nach einer Familie, die er nie hatte. Letztlich flieht Thurow 1963 in die Bundesrepublik, da er die Schießbefehle an der Grenze nicht ausüben möchte. Er hilft fortan anderen Menschen, die in die BRD flüchten möchten.
Liane Weinstein sollte mit zwei Monaten auf Besuch zu ihren Großeltern im Westen, allerdings rechnete niemand damit, dass es kein Zurück mehr gab für das Kleinkind. Die Eltern hatten Hoffnung, dass sie ihr Baby nach einer Weile wieder in ihre Arme schließen konnten, aber vergeblich. Sie beschlossen einen Tunnel zu bauen, um ihre Tochter dadurch zu sich zu holen. Der Fluchtplan scheitert leider, viele Beteiligte mussten ins Gefägnis. Auch ihre Großeltern wurden verhaftet und Liana kommt in ein Kinderheim. Erst mit 11 Jahren kehrt Liane zurück zu ihren Eltern, die sie so gut wie nicht kennt.
Am beeindruckendsten waren für mich die Erzählungen über das Schicksal von Peter Drauschke. Fasziniert von den sozialistischen Strukturen, die er durch Besuche im Zeltlager in der DDR kennenlernte, verließ er mit 18 Jahren sein Elternhaus und ging in den Osten. Dort machte er Kariere, er propagiert als FDJ-Mitglied den Sozialismus. Er verließ seine Mutter und seine Schwester, zu der er ein sehr inniges Verhältnis hatte. Allerdings merkt Drauschke schnell, dass vieles Farce ist im SED-Regime und er möchte nur weg. Seine Schwester unterstützt ihn bei seiner Flucht, die scheitert. Druschke muss nach Rostock ins Stasi-Gefängnis. Bis heute quälen ihn die Erinnerungen an diese Zeit und sein schlechtes Gewissen darüber, was er seiner Schwester angetan hat.
Dies sind einige von vielen Schicksalen, die im Film vorgestellt werden. Sie zeigen deutlich, dass die Mauer die Menschen, auch die Kinder und Jugendlichen, stark prägte und vor existentielle Entscheidungen stellte, die zu großen Teilen auch heute noch das Leben der Menschen bestimmen.