Widerstand gegen den Nationalsozialismus und das NS-Regime (Teil 2)

Gina Bellmann

15. Januar 2022

Die „Operation Walküre“

Der Widerstand der Offiziere wurde von Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg initiiert und am 20. Juli 1944 erfolglos ausgeführt. 

Ursprünglich war der Plan Walküre dazu gedacht, im Falle innerer Unruhen das in der Heimat stehende Heer zu mobilisieren.

Doch die führenden Köpfe des militärischen Widerstandes haben den Plan Walküre für ihren politischen Umschwung abgeändert.

Der erste Teil von Stauffenbergs Plan bestand aus dem Anschlag und der damit verbundenen Ermordung Adolf Hitlers, um das NS-Regime so sehr zu schwächen, dass ein Umsturz und die Abschaffung des Nationalsozialismus in Deutschland eingeleitet werden konnte. Der zweite Teil sollte darin bestehen, dass die Soldaten der Wehrmacht von dem Eid auf den Führer entbunden werden sollen und Verbände der Wehrmacht innerhalb von 36 Stunden die vollziehende Gewalt in Deutschland übernehmen. Zudem sollten Institutionen des NS-Regimes, wie Regierung, SS-Verbände, NSDAP-Partei und Gestapo, nach und nach ausgeschaltet werden und Deutschland so zu einer Neuordnung gezwungen werden. 

Das Attentat sollte bei Stauffenbergs Plan als Teil eines innerpolitischen Machtkampfes ausgegeben werden und der Öffentlichkeit als Anschlag der SS, des Sicherheitsdienst und der Gestapo verkauft werden. 

Am 20. Juli 1944 jedoch verlief der Anschlag nicht wie geplant. 

Stauffenberg war Chef des Generalstabes beim Oberbefehlshaber des Ersatzheeres und damit einer der wenigen Offiziere, die an den Lagebesprechungen im Führerehauptquartier teilnehmen durften. Durch diesen Umstand gelang es Stauffenberg in einer Aktentasche eine präparierte Bombe in das Gebäude zu schmuggeln und dort möglichst nahe bei Hitlers Sitz unter dem Tisch abzustellen. Danach verließ Stauffenberg möglichst schnell das Gebäude, um der drohenden Explosion zu entgehen. Während der folgenden Besprechung Hitlers und seiner obersten Offiziere zum weiteren militärischen Vorgehen an der Ostfront, explodierte die Bombe. Vier Männer starben und viele der Offiziere wurden verwundet, jedoch wurde Hitler vom schweren Eichentisch geschützt und überlebte mit geplatztem Trommelfäll, Prellungen und innigen Verbrennungen. Das Attentat und damit die gesamte Operation Walküre war gescheitert, wovon jedoch Stauffenberg nichts ahnte. Er verließ die Sperrkreise der Wolfsschanze trotz bereits aktiviertem Alarm unentdeckt im festen Glauben Hitler sei tot und machte sich auf den Weg nach Berlin, um den Staatsstreich zu vollenden. 

Es herrschte große Verwirrung nach Stauffenbergs Anschlag auf Hitler unter den Widerstandskämpfern der Offiziere, zum einen da Stauffenberg glaubte, Hitler sei tot, Hitler in Wahrheit aber lebte und zum anderen wegen einer durch Zweifel am Gelingen der Operation Walküre verursachten Zeitverzögerung der Offiziere, nachdem sie von Hitlers Überleben erfuhren.

Nachdem Stauffenberg am Sitz des Allgemeinen Heeresamtes angekommen war, erfuhr er von der Erfolglosigkeit des Attentats. Von diesem Zeitpunkt an begann für Stauffenberg und die Widerstandskämpfer ein Rennen gegen die Zeit. Mit einem Fernschreiben und Telefonaten versuchten sie die Operation Walküre doch noch durchzuführen und Wehrkreise des Deutschen Reichs sowie besetzten Gebieten zum Staatsstreich zu bewegen.

Bis 19 Uhr sind jedoch der Rundfunk, die Reichskanzlei, das Reichssicherheitshauptamt sowie das Reichspropagandaministerium immer noch nicht besetzt und im öffentlichen Rundfunk wurde bereits vom „fehlgeschlagenen Attentat auf das Leben des Führers“ berichtet. Am Abend entgleitete den Offizieren die Operation endgültig, ihre Befehle wurden kaum mehr befolgt und die ersten Gegenbefehle der Wolfsschanze dringen nach Berlin durch.

Major Remer, Kommandeur des Berliner Wachbataillons, wurde nach Bestätigung Hitlers Überleben durch Joseph Goebbels, dem Reichspropagandaministers, von Hitler persönlich befördert und belagerte im Folgenden den Gebäudekomplex des Sitz des Allgemeinen Heeresamtes, den Bendlerblock, und schlug so den Staatsstreich der Offiziere nieder. 

Um Mitternacht werden im Hof des Bemdlerblocks Claus Schenk Graf von Stauffenberg sowie weitere Widerstandskämpfer und Beteiligte an der Operation Walküre Albrecht Ritter Mertz von Quirnheim, Werner von Haeften und Friedrich Olbrichtt im Scheinwerferlicht der Wehrmachtsfahrzeuge standrechtlich erschossen. 

Ziviler Widerstand des „Kreisauer Kreises“

Ab 1940 fanden auf dem niederschlesischen Gut Kreisau, sowie in Berlin und München regelmäßige Treffen des später von der Gestapo so benannten „Kreisauer Kreise“ statt. Thema dieser Treffen waren Konzepte für eine grundlegende staatliche, wirtschaftliche wie soziale Neugestaltung Deutschlands nach dem Sturz des NS-Regimes. Der „Kreisauer Kreis“ entwickelte sich zum Zentrum des bürgerlichen zivilen Widerstands ab 1940, dessen Mitglieder unter anderem Helmuth James Graf von Moltke, welcher das Gut Kreisau besaß, sowie Peter Yorck Graf von Wartenburg und Adam von Trott zu Solz waren. Der „Kreisauer Kreis“ vereinte unter seinen ungefähr 20 Mitgliedern Sozialdemokraten sowie vom christlichen Reformwillen beeinflusste Angehörige Christen beider großer Konfessionen, evangelisch wie katholisch. Gemeinsam waren den Mitgliedern jedoch die ablehnende Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus und dem NS-Regime und der anhaltende Wille eine Neuordnung Deutschlands nach dem Ende der NS-Diktatur zu entwickeln.

In langen Gesprächen wurden theoretische Grundlagen dieser Neuordnung von häufig stattfindenden Arbeitsgemeinschaften entworfen, ausgearbeitet und auf drei großen Haupttagungen auf dem Gut Kreisau in den Jahren 1942 und 1943 diskutiert und als Ergebnisse festgehalten. Diese waren oft allgemein eingefasste Leitlinien, denen ein christlich geprägtes Menschenbild zugrunde lag. Ein Beispiel ist die im Mai 1942 formulierte „Grundsätzliche Erklärung“. Ein wichtiges Element der Neuordnungspläne des „Kreisauer Kreises“ war die enge Verbindung von Kirche und Staat. Zudem sollten weitgehend die selbstverwaltenden Gemeinschaften, wie Familien, Betriebsgemeinschaften oder Kirchengemeinden, das Grundprinzip des Staatsaufbaus bilden, um so zukünftig eine manipulative Massengesellschaft wie die zu NS Zeiten in Deutschland bestehende zu verhindern. Auch sollte dieses Grundprinzip so die Grundlage für das verantwortungsbewusste Handeln des Individuums werden.

Außerdem sollte der angestrebte föderalistische Staatsaufbau aus direkt gewählten Gemeinde- und Kreistagen mit weitreichenden Kompetenzen bestehen, deren Mitglieder die Reichs- und Landtage wählen sollten und durch die Wahlen an einzelner Persönlichkeiten anstatt an zentral geleitete Parteien bebildert werden, um die Stärkung der Demokratie von der Basis aus zu erreichen.

Parallel zu den Gesprächen und Tagungen suchte der „Kreisauer Kreis“ Kontakt zu andern Widerstandsgruppen im Inland sowie in besetzten Ländern wie Norwegen, Dänemark den Niederlanden sowie zu den Alliierten. Im Januar 1944 zerfiel der „Kreisauer Kreis“ weitgehend aufgrund der Verhaftung Moltkes, woraufhin sich einigen Mitglieder der Widerstandsgruppe um Stauffenberg anschlossen und am Attentat am 20.7.1944 beteiligt waren. Nach dessen Scheitern wurden unter anderem Yorck, Trott und Moltke zu Tode verurteilt und hingerichtet. 

Fazit

Diese drei aufgeführten Beispiele für drei verschiedenste Arten von Widerstand gegen das NS-Regime zeigen, wie unterschiedlich die Motive wie auch Hintergründe der Mitglieder von Widerstandsgruppe sein können.

Die „Weiße Rose“ kämpfte aus humanistischen Gründen gegen die Nationalsozialisten. Die Mitglieder der „Weißen Rose“ waren Teil des Bildungsbürgertums und interessierten sich für Literatur und Philosophie. Dies verhinderte, dass sie der übermächtigen Propaganda der NS-Führung unterlagen, und half ihnen eine eigene selbstbestimmte Meinung zu entwickeln.

Stauffenberg und die Widerstandskämpfer der Offiziere stellten sich gegen das NS-Regime, da sie in ihrer Stellung relativ weit an der Spitze der NS-Rangordnung standen die drohende Kriegsniederlage sahen und sie zu verhinderten versuchten.

Der zivile Widerstand des „Kreisauer Kreises“ gründetet in der Unzufriedenheit der Mitglieder in der bestehenden politischen wie wirtschaftlichen Ordnung in Deutschland zu NS- Zeiten. Sie hofften auf einen politischen Umschwung und planten die Grundprinzipien einer neuen Ordnung in Deutschland. 

Eines haben alle Widerstandsgruppe gegen den Nationalsozialismus gemeinsam: Sie hatten den Mut und den Willen zur Selbstopferung, um gegen die starke Übermacht des Nationalsozialismus anzukämpfen und von einer freien Zukunft ohne NS-Regime zu träumen. Die Umstände für Widerstandskämpfer standen zur Zeit des Zweiten Weltkrieges nicht gut: Die Nationalsozialisten kontrollierten die Legislative, Exekutive wie Judikative; manipulierten mit starker und allumfassender Propaganda die Bevölkerung und beherrschten die Menschen mit ihrem übermächtigen Militär und ihrem Gesellschaftssystem. Doch entgegen allen Mitteln stellten sich Menschen gegen das NS-Regime. 

Es scheint so als seien alle Widerstände gescheitert, weil die Mitglieder der Widerstandsgruppen verhaftet oder hingerichtet wurden, jedoch behielten diese Gruppen von Menschen ihre innere Freiheit aufrecht in Zeiten, in denen sich der größte Teil der deutschen Bevölkerung der Übermacht des Regimes untergeordnet hatte. Dies zeigt nicht nur den Sieg dieser Widerstandsgruppen auf, sondern auch den Sieg der Menschheit in Zeiten des Leides und der Angst. 

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