Edith Stein – ein kleiner Einblick in das Leben einer konvertierten Jüdin

Gastautor*in

2. Oktober 2022


Dieser Beitrag wurde von Marie Kartes verfasst. Marie ist eine ehemalige Schülerin des Geschwister-Scholl-Gymnasiums.


„Je dunkler es hier um uns wird, desto mehr müssen wir unser Herz öffnen für das Licht von oben.“

Mit diesem Zitat, welches Edith Stein persönlich zuzuordnen ist, lässt sich vermuten, dass sie den Verlauf ihres tragischen Schicksals bereits frühzeitig erahnen konnte …

Bevor ich im Laufe meines Studiums mit der Person Edith Stein in Berührung kam, war mein Wissen über ihre Persönlichkeit zugegebenermaßen überschaubar. Je mehr ich jedoch über sie erfuhr, desto intensiver beschäftigte ich mich mit ihrem Leben. Nun möchte ich gerne die Gelegenheit nutzen, um meine erworbene Erkenntnis über sie zu teilen und gleichzeitig an Edith Stein zu erinnern, damit ihr Schicksal und das ihrer Weggefährten nicht in Vergessenheit gerät.

Edith Stein wurde am 12. Oktober 1891 als jüngstes von insgesamt elf Kindern eines jüdischen Holzhändlers in Breslau geboren. Obwohl sie in einem streng jüdisch-orthodoxen Elternhaus aufwuchs, verstand sie sich selbst seit ihrem 15. Lebensjahr als Atheistin. In diesem Zusammenhang meldete sie sich ohne das Wissen ihrer Eltern von dem Religionsunterricht ihrer Schule ab. Auf der Suche nach Wahrheit versuchte sie Antworten in ihren Studien zu finden. So entschloss sie sich Philosophie, Psychologie und Geschichte zu studieren und promovierte in Freiburg im Breisgau. Sie bemühte sie ebenfalls um die Habilitation ihrer Studiengänge, doch wurde sie aufgrund ihres Geschlechts als Frau nicht zugelassen.

Ihr erster Bezug zum katholischen Glauben geschah 1917, als ein Studienfreund von Edith im Ersten Weltkrieg verstarb. Wegen seines Todes besuchte sie dessen Witwe und war verwundert, dass diese trotz ihrer Trauer sehr gefasst wirkte. Laut der Witwe war dies nur durch die Beziehung zu Gott möglich. Die Witwe stand durch das Kreuz fest und stark im Glauben.  Durch diese Begegnung mit dem Kreuz brach der Unglaube Ediths zusammen. Der endgültige Wendepunkt ereignete sich jedoch durch die Autobiographie der heiligen Teresa von Avila. Von ihr inspiriert ließ sie sich 1922 in Bad Bergzabern katholisch taufen. Diese Entscheidung zog innerfamiliäre Konflikte mit sich.

Im Jahr 1923 nahm sie eine Stelle als Lehrerin an der Schule der Dominikanerinnen von St. Magdalena in Speyer an.  Aufgrund vermehrter antijüdischer Gesetze wurde ihr jedoch im Laufe der Zeit ihre Lehrerlaubnis offiziell entzogen. Trotzdem verfasste sie Schriften und hielt Vorträge, welche Themen wie Mädchenbildung und die Rolle der Frau beinhalteten. Auch ihr Einsatz für die Emanzipation der Frau widerstrebte später dem Gedankengut nationalsozialistische Anhänger. Diesbezüglich war Edith Stein ihrer Zeit deutlich voraus und gilt somit bis heute als Frauenrechtlerin jüdischer Herkunft.

In weiser Voraussicht forderte sie 1933 Papst Pius XI auf, sich öffentlich gegen die beginnende Judenverfolgung auszusprechen. Doch erst vier Jahre später erschien die Enzyklika der katholischen Kirche. Nach der Machtübernahme 1933 konnte sie dem Druck und der Verfolgung des NS-Regimes nicht mehr Stand halten und sah sich gezwungen, ihre Arbeit aufzugeben. Im Oktober desselben Jahres trat sie in den Karmel in Köln als Nonne ein und nahm den Ordensnamen Teresia Benedicta vom Kreuz an.  Zwei Jahre später ließ sich auch Ediths ältere Schwester Rosa katholisch taufen und lebte ab diesem Zeitpunkt ebenfalls mit Edith im Kloster. Nach der Pogromnacht vom 9. November 1938 entschloss sie sich zum Umzug in ein Kloster außerhalb Deutschlands und zog schließlich mit Rosa nach Echt in die Niederlande. Durch die Besetzung der Niederlande durch die Nazis im Frühjahr 1940 holte sie die Bedrohung erneut ein. Ein letzter geplanter Fluchtversuch in die Schweiz misslang.  So wurden viele Konvertierten jüdischer Abstammung, darunter auch Rosa und Edith Stein, von der Gestapo verhaftet und am 7. August mit der Reichsbahn in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Am 9. August 1942 wurden beide Schwestern in der Gaskammer ermordet. Ein letztes Lebenszeichen Edith Steins wurde auf den Gleisen ihres Abtransportes gefunden. Es war ein Zettel, welchen sie aus dem Zug warf, mit einem Gruß an ihre Missionsschwestern von St. Magdalena in Speyer.  Im 1987 wurde Edith Stein durch Papst Johannes Paul II. in Köln selig gesprochen und im Oktober 1998 folgte die Heiligsprechung in Rom. Dabei wurde sie zur „Patronin Europas“ erklärt, da sie bis zu ihrem Tod beide Wurzeln Europas vereinte: das Christentum und das Judentum.

Quelle Beitragsbild: wwwuppertal: Köln / Cologne (Germany). Bert Gerresheim’s Edith Stein monument. Triple figures showing the same person. flickr.com. Lizenz: Creative Commons BY 2.0

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