Vom Geschwister-Scholl-Gymnasium Lebach zur Geschwister-Scholl-Schule Bensheim

Gastautor*in

11. Dezember 2022


Franz Josef Schäfer wurde am am 9. April 1953 in Illingen geboren. Er besuchte die Volksschule in Wustweiler und das Staatliche Realgymnasium Lebach, wo er 1973 sein Abitur ablegte. Heute ist er als Autor von zahlreichen historischen Werken tätig.


Jubiläen geben oft Anlass zur Rückschau. Von 1964 bis 1973 besuchte ich das Staatliche Realgymnasium Lebach, jene Schule, die seit 1992 Geschwister-Scholl-Gymnasium heißt. Unterrichtet wurde damals noch im Klassenverband von Sexta (Klasse 5) bis Oberprima (Klasse 13). Die Klasse 13 c, der ich angehörte, kann im kommenden Jahr auf 50 Jahre Abitur zurückblicken.

Geschichte zählte von Anfang an zu meinen Lieblingsfächern. Ich kann mich noch gut erinnern an den Unterricht bei Frau Marie-Luise Nomine, Herrn Oswald Schu und den Oberstufenunterricht bei Herrn Peter Kneifel. Schon sehr früh stand fest, dass ich später Geschichte und Deutsch mit dem Berufsziel Lehrer an Gymnasien studieren werde. Das Studium erfolgte an der Universität des Saarlandes und das anschließende Referendariat am Staatlichen Studienseminar Neunkirchen. Weil zu Beginn der Achtzigerjahre des vorigen Jahrhunderts im Saarland in den geisteswissenschaftlichen Fächern ein Überangebot an Lehrerinnen und Lehrern bestand, „Lehrerschwemme“ genannt, musste ich mich in anderen Bundesländern umschauen, um beruflich eine Anstellung zu erhalten. Nach einer kurzen Tätigkeit in Duisburg unterrichtete ich 35 Jahre Schülerinnen und Schüler in Geschichte und Deutsch an der Geschwister-Scholl-Schule Bensheim im hessischen Landkreis Bergstraße. In Hessen war bis 2007 Hausabitur vorgesehen, das heißt, die Lehrkräfte erstellten die schriftlichen Abiturthemen, die anschließend von einer Kommission genehmigt wurden. Auf freiwilliger Basis bot ich den Abiturkursen ein Repetitorium während eines Wochenendes an, das wir an der Jugendherberge in Saarbrücken durchführten. Kurz vor der Rückreise führte ich die Beteiligten durch das Gelände des Geschwister-Scholl-Gymnasiums Lebach.

1998 gründete ich gemeinsam mit einem Kollegen die heute noch bestehende Geschichtswerkstatt Geschwister Scholl. An diese Zeit denke ich auch heute noch gerne zurück. Unser Ziel war:

  • im Sinne der Geschwister Scholl die jüngere Geschichte Deutschlands und Europas in wachsamer Erinnerung zu halten und daraus Schlussfolgerungen für die Gegenwart zu ziehen,
  • die demokratischen Wurzeln der deutschen Geschichte zu ergründen,
  • Geschichte in der Region durch eigene Forschungsarbeit anschaulich und nachvollziehbar zu machen,
  • zu selbständigem Forschen und forschendem Lernen beizutragen,
  • durch Veröffentlichungen der Ergebnisse weite Bevölkerungskreise zu informieren und ihre Mitarbeit zu ersuchen.

Die Geschichtswerkstatt hat insgesamt zehn Bücher veröffentlicht, etwa zur Geschichte der Bensheimer Jüdinnen und Juden, zu Euthanasie-Opfern aus dem Kreis Bergstraße oder Biografien von zwei NS-Opfern der Region. Zuletzt hatte uns die Gemeinde Seeheim-Jugenheim beauftragt, die Geschichte sämtlicher Opfergruppen der Gemeinde aufzuarbeiten.

Während dieser Zeit hielt ich die Verbindung zur saarländischen Heimat und zur „alten“ Schule in Lebach aufrecht. So hatte ich beispielsweise 1999 für die erste Festschrift des Geschwister-Scholl-Gymnasiums Lebach gemeinsam mit Frau Hildegard Bayer die Anfangsjahre der Schule seit 1939 aufgearbeitet.

Auch in meiner Freizeit beschäftigte ich mich neben Themen der hessischen Landesgeschichte auch mit saarländischen Belangen. Das erste Buch schrieben mein Lebacher Klassenkamerad Bernhard Haupert und ich über meinen Onkel Josef Schäfer, der als Panzerfahrer im Alter von 20 Jahren in der Normandie gefallen war. Das Buch erschien 1992 in zweiter Auflage im Suhrkamp Verlag unter dem Titel „Jugend zwischen Kreuz und Hakenkreuz“.

An unserer Bensheimer Schule wurde am Tag der Hinrichtung von Sophie und Hans Scholl sowie Christoph Probst häufig Frau Anneliese Knoop-Graf als Zeitzeugin eingeladen, zuletzt 2009, ihrem Sterbejahr. Auch vom Lebacher Gymnasium wurde sie zwei Mal eingeladen. Sie stellte mir die bis dahin noch unveröffentlichten Verhör-Protokolle der Gestapo ihres Bruders Willi zur Verfügung, die ich im Anhang der Festschrift zum 40. Jubiläum unserer Schule erstmals veröffentlicht hatte. Über Willi Graf als Jugendlicher und Schüler des Ludwigsgymnasiums Saarbrücken gab ich 2017 die Monografie „Willi Graf und der Graue Orden“ heraus. 2019 erschien in der Reihe „Röhrig Lebensbilder“ das Buch „Einmal Theresienstadt und zurück. Familie Lansch wehrt sich gegen die Nazis“. Im Mittelpunkt steht die Rettungsaktion von Karoline Lansch durch ihren Sohn Hans. Lansch war nach dem Zweiten Weltkrieg viele Jahre Musiklehrer am Staatlichen Katholischen Lehrerseminar und späteren Aufbaugymnasium Lebach.

Zuletzt erschien 2022 die Monografie „Arnold Fortuin. Die Geschichte der saarländischen Sinti und Roma“.

Mit großer Freude denke ich an die großartige Jubiläumsveranstaltung zurück zum 75. Jubiläum des Geschwister-Scholl-Gymnasiums Lebach im Jahre 2014. Und als ich auf der Homepage „meiner“ alten Lebacher Schule las, dass sich eine AG Erinnerungskultur gegründet wurde, da war ich vor allem von dem Projekt „Wachsam bleiben!“ begeistert, abonnierte den Newsletter und regte an, einzelne Beiträge in der Zeitschrift „Unsere Heimat“ zu veröffentlichen.

Veröffentlichungen:

  • Jugend zwischen Kreuz und Hakenkreuz. Biografische Rekonstruktion als Alltagsgeschichte des Faschismus. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag 1991, 2. Auflage 1992 (gemeinsam mit Bernhard Haupert)
  • Willi Graf und der Graue Orden. St. Ingbert: Röhrig Universitätsverlag 2017
  • Einmal Theresienstadt und zurück. Familie Lansch wehrt sich gegen die Nazis. St. Ingbert: Röhrig Universitätsverlag 2019
  • Arnold Fortuin. Die Verfolgung der Sinti und Roma im Saarland. Saarbrücken: Blattlaus Verlag 2022

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