„Remigration“ – Unwort des Jahres 2023

Emilia Ehrmantraut

4. Februar 2024

Vor einigen Tagen hat ein Team von Sprachwissenschaftlern der Phillips Universität in Magdeburg das Wort „Remigration“ zum offiziellen Unwort des Jahres 2023 gewählt. Begründet hat die Jury dies damit, dass das Wort eine Beschönigung für Forderungen nach „Zwangsausweisung bis hin zu Massendeportationen von Menschen mit Migrationsgeschichte“ geworden sei und zudem auch immer wieder von rechtsextremen Gruppierungen missbraucht werde. Hierauf wollten sie besonders wegen der politischen Lage in Deutschland aufmerksam machen.

Ursprünglich ist Remigration ein neutraler Begriff, der die Rückkehr von Auswanderern in ihre Herkunftsländer beschreibt. Dabei spielt weder der Grund für die Auswanderung noch für die Rückwanderung eine Rolle. Durch die letzten Ereignisse ist Remigration zu einem polarisierenden und häufig beladenen Ausdruck geworden, der verschiedene politische und gesellschaftliche Standpunkte widerspiegelt.

Für viele Befürworter einer radikalen Remigrationspolitik steht der Begriff für die Rückkehr zu einer limitierten Einwanderungspolitik und einer homogeneren Gesellschaft mit geringerem Ausländeranteil. Sie argumentieren, dass eine stärkere Remigration in Deutschland notwendig sei, um die eigene Kultur zu bewahren und vor allem innenpolitischen sowie wirtschaftlichen Missständen entgegenzuwirken. Dabei ist ein häufig genannter Grund auch die hohen Zahlen der Geflüchteten in Deutschland und die Tatsache, dass diese Armutseinwanderung eine hohe wirtschaftliche Belastung darstellt.

Kritiker sehen das Wort als irreführend und problematisch an. Sie behaupten, dass es eine vereinfachte Perspektive auf komplizierte Migrationsbewegungen sei und auf die individuellen Geschichten vieler Migranten nicht genügend eingehe und im Hinblick darauf zu unsensibel sei. Besonders, da es einen großen Unterschied mache, ob jemand beispielsweise aus Angst vor politischer Verfolgung, Gewalt und Terror aus einem Krisengebiet immigriert ist oder aus Hoffnung auf eine bessere wirtschaftliche Lage aus einem sonst politisch stabilen Land. Zudem stört sie, dass es immer öfter mit rechtsextremem Kontext in Verbindung gebracht wird und so eine „fremdenfeindliche und rassistische“ Konnotation habe. So werde es häufig zur Stigmatisierung von bestimmten Minderheiten missbraucht.

Die Entscheidung, Remigration als Unwort des Jahres auszuwählen, hat also eine große Welle an Diskussionen ausgelöst. Daran ist zu erkennen, dass man in der Wahl der Sprache und der damit verbundenen Werte vorsichtig sein sollte, wie man bestimmte Sachen ausdrückt, da diese oft zum Katalysator in verschiedenen ernsten Debatten werden können. Gerade im Hinblick darauf, dass Sprache ein beliebtes und auch effektives und gern genommenes Mittel zur Manipulation ist. Generell ist fraglich, ob man überhaupt Unwörter wählen sollte, da Remigration von jetzt an eine etwas andere Bedeutung hat. Man assoziiert das Wort mittlerweile mit Rechtsextremismus, obwohl die Grundbedeutung ursprünglich unabhängig davon war.

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